„Branchenweiter Stresstest“ – Welche Implikationen sehen Experten im Fall FTX für Investoren und den Kryptomarkt?

Der Absturz und die Liquiditätsprobleme der drittgrößten Kryptobörse FTX erschüttern die Kryptowelt. der gescheiterte Übernahme von FTX durch seinen Hauptkonkurrenten Binance und die Mitteilungendass FTX angeblich Kundengelder veruntreut und dann noch mehr Öl ins lodernde Feuer gegossen hat. Nach sorgfältiger Prüfung durch das Unternehmen wurde am Mittwochabend entschieden, die Übernahme nicht fortzusetzen. „Das übersteigt unsere Möglichkeiten“ geteilt Binance am 9. Nov. mit. Die Due Diligence von Binance ergab, dass es 8 Milliarden Dollar kosten würde, um das Unternehmen zu retten.

Die marktführende Kryptowährung Bitcoin (Bitcoin) fiel daraufhin unter 16.000 $ – der niedrigste Stand seit mehr als zwei Jahren (die Kryptowährung liegt derzeit bei knapp 17.250 $). Die zweitgrößte Kryptowährung Ether (ETH) fiel am Mittwochabend erneut um 14 Prozent auf unter 1.100 Dollar. ETH erholt sich derzeit und wird bei 1.270 $ gehandelt.

Wie wird sich der FTX-Fall auf den gesamten Kryptomarkt auswirken? Welche Folgen sind für die Kryptoindustrie zu erwarten?

Vertrauen schwer verletzt

„Diese Ereignisse sollten dazu führen, dass mehr Menschen dem Kryptoraum den Rücken kehren. Vor allem Menschen, die gerade erst anfangen, Vertrauen und Interesse am Kryptomarkt zu finden“, sagt Philipp Sandner, Ökonom und Leiter des Frankfurt School Blockchain Center (FSBC). Nachdem der Kryptomarkt kürzlich erste Anzeichen einer Lockerung vernommen hatte und das Ende des Krypto-Winters ist in Sicht ist, dass jetzt mehr Zeit benötigt wird, „um wieder Schwung und Schwung in die Kryptowelt zu bringen“, erklärt Sandner.

Der Direktor der Unternehmensberatung Innomagic Robert Schwertner alias Crypto Robby bezeichnet den 9. November derweil sogar als „schwarzen Mittwoch in der Krypto-Geschichte“. Die Unsicherheit im Markt bleibe bestehen, sagt der Blockchain-Experte, da nun sofort die Frage auftauche, ob die Krypto-Börse Binance wirklich so stabil sein.

„Eines ist sicher: Auf dem Kryptomarkt ist in den kommenden Wochen mit hoher Volatilität zu rechnen. Wenn Binance und andere Krypto-Börsen ins Rutschen geraten, werden Bitcoin und Co. unter starkem Druck stehen. Dann sind Kurse unter 10.000 Euro denkbar.“

Auch Martin Erhold sieht die Glaubwürdigkeit aller Teilnehmer am Kryptomarkt beschädigt. Der Experte war sechs Jahre bei der österreichischen Finanzaufsichtsbehörde in der Abteilung Geldwäschereibekämpfung und Terrorismusfinanzierung tätig, danach arbeitete er als Regulierungsexperte bei Bitpanda. Das Ausmaß des FTX-Dramas sei „zweifellos riesig und ein Stresstest für die gesamte Branche“, sagte Erhold.

Transparenz und Offenheit kommen ins Spiel

Aber auch nach dem möglichen Kollaps einer der größten Handelsplattformen für Kryptowährungen sollte eines nicht vergessen werden: Die gutgläubigen Marktteilnehmer, die seit mehr als zwei Jahren in der Branche tätig sind, haben viel Geld, Zeit, Innovationskraft, Engagement und arbeiten, um aufzubauen und in die Verbesserung von Prozessen auf allen Ebenen zu investieren. Nicht umsonst spricht man von einem „Krypto-Ökosystem“. Solche Unternehmer werden so schnell nicht verschwinden – davon ist zumindest Philipp Sandner vom FSBC überzeugt.

„Auch Bitcoin- und Ethereum-Enthusiasten sollten sich von der Situation um den FTX-Fall nicht abschrecken lassen.“

In solch turbulenten Zeiten findet Martin Erhold eine differenzierte und sachliche Betrachtung umso wichtiger: „Es darf keinen Vertrauensverlust innerhalb der Branche geben. Dienstleister müssen die Karten nun öffentlich machen – Transparenz und Kontrolle sind ohnehin durch nichts zu ersetzen.“

Die Versprechungen der Vorstandsvorsitzenden, alle Coins sicher aufzubewahren, seien Robert Schwertner „nicht genug“. Stattdessen müssten Krypto-Börsen künftig ihre Krypto-Anteile den Finanzaufsichtsbehörden nachweisen und „einer Art Krypto-Börsenaufsicht“ unterliegen. Als Lösung schlägt Schwertner die Schaffung einer Aufsichts-DAO vor, also einer dezentralen autonomen Organisation, die Krypto-Börsen überwacht, und die Schaffung des sogenannten Haftungsverbunds, also eines Einlagensicherungsfonds, in den alle großen Krypto-Börsen einzahlen müssen. Im Falle einer Insolvenz könnten die Kryptobörsen ihre Anleger bis zu einem bestimmten Betrag aus diesem Fonds entschädigen.

Nun sind auch weitere Regulierungsschritte nötig und eine stärkere Vernetzung der Kryptomarktteilnehmer mit den traditionellen Finanzmärkten wünschenswert, sagt Fabian Schär, Professor für Blockchain-Technologie an der Universität Basel: «Der Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig zentralisierte Akteure sind streng reglementiert und kontrolliert. Wichtig bleibt die Unterscheidung zwischen der eigentlichen Technologie, die aufgrund ihrer Transparenz genau solche Risiken entschärfen kann, und den zentralisierten Dienstleistern wie Filesharing-Netzwerken, die im Wesentlichen normale Finanzdienstleister sind und daher als solche reguliert werden sollten. “

MiCA könnte eine Lösung sein, aber sie muss global sein

In der EU ist die Krypto-Regulierung bereits im Gange. Am 10. Oktober verabschiedete der Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments die GlimmerRegulation (Markets in Crypto Assets), ein Ergebnis der Trilogverhandlungen zwischen dem EU-Rat, der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament. Die Rechnung zielt darauf abeinen einheitlichen Regulierungsrahmen für Kryptowährungen in den 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu schaffen. Schließlich muss der EU-Gesetzgeber noch rechtliche und sprachliche Überprüfungen durchführen, einen endgültigen Entwurf des Gesetzentwurfs genehmigen und MiCA im EU-Amtsblatt veröffentlichen, aber die neue Gesetzgebung soll jetzt im Prinzip bereits 2024 in Kraft treten.

Ist dies einmal geschehen, werden Entwicklungen wie der Konkurs der FTX für EU-Unternehmen nahezu unmöglich, da die MiCAs in erster Linie dem Verbraucherschutz dienen sollen – zumindest ist das der Grundgedanke hinter der neuen Regulierung. Die MiCA wird jedoch nur Investoren innerhalb der EU schützen, was nicht ausreichen wird, um Abstürze wie im FTX-Fall im Allgemeinen zu verhindern. Schließlich sitzt die Kryptobörse FTX auf den Bermuda-Inseln und nicht in der EU. Deshalb findet Philipp Sandner es notwendig, dass auch andere Länder außerhalb der EU eine eigene „MiCA“ einführen. Denn es ist nicht zu verhindern, dass sich Privatanleger bei ausländischen Krypto-Börsen anmelden. „Deshalb ist es so wichtig, weiterhin zu betonen, dass es in Deutschland von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin zugelassene Kryptobörsen gibt, bei denen solche Situationen nicht vorkommen sollten – insbesondere die Börse Stuttgart mit Bison und BSDEX.“

Auch der MiCA-Berichterstatter und Europaabgeordnete Stefan Berger (CDU) ist überzeugt, dass „mit einem globalen MiCA der Absturz von FTX nicht passiert wäre“. Laut Berger ist MiCA „das Bollwerk gegen Lehman-Brothers-Momente in der Kryptowelt“ und nur die Regierung könne „mehr Vertrauen in den maroden Markt bringen“.

Lehren aus der Krise

Die künftige MiCA adressiert das Vertrauensproblem und schützt Investoren vor solchen zwielichtigen Projekten. „Lehren und Lehren aus vergangenen Krisen im Finanzsektor werden sich auch in der zukünftigen Krypto-Regulierung widerspiegeln“, sagte Martin Erhold, ehemaliger Regulierungsberater von Bitpanda. Die Krise werde neue Erfahrungen und bessere regulatorische Standards mit sich bringen, die zu „einem rigorosen Ansatz für die zukünftige Lizenzierung“ führen werden, sagte Erhold. Abschließend ergänzt der Experte: „Und die Marktkonsolidierung wird sich weiter beschleunigen.“





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